Dörfertour

Bild oben: A. Tesch
Bild klein: O. Bader

Dörfertour

Die fünf ehemaligen Dörfer Hellersdorf, Mahlsdorf, Marzahn, Kaulsdorf und Biesdorf sind im 13. Jahrhundert entstanden. Früher beliebte Naherholungsziele der Berliner, wurden sie im Laufe der Jahrhunderte von der prosperierenden Großstadt verschluckt. Im Schatten der Plattenbausiedlungen schlummern historische Dorfanger, Guts- und Bauernhäuser, Kirchen und sogar eine Bockwindmühle. Auf unserer Rundreise entdecken Sie den Bezirk Marzahn-Hellersdorf aus ganz anderen Perspektiven! Steigen sie ein – mit Bus und Bahn durch die fünf urbanen Dörfer am östlichen Stadtrand Berlins!

1. Station – Biesdorf
Der historische Dorfkern von Biesdorf, südlich der S-Bahnlinie S5, ist heute kaum noch zu erkennen. Die Anlagen des einstigen Ritterguts werden derzeit zu einem modernen Wohnpark umgestaltet. Mitten auf der B1 – wie auf einer Insel – liegt verkehrsumtost die alte Dorfkirche samt Pfarrhaus auf dem ehemaligen Anger. Ganz lauschig wird es gegenüber im Schlosspark mit seinem alten Baumbestand, am südlichen Rand des Dorfs thront Schloss Biesdorf. Die spätklassizistische Turmvilla, mit ihrer südländisch anmutenden Architektur und rosafarbener Patina, ist heute Sitz der kommunalen Galerie des Bezirks Marzahn-Hellerdorf. Präsentiert wird zeitgenössische Kunst, sowie Kunst aus der DDR. Weiter geht es mit der S5 nach Kaulsdorf (3 Minuten).

2. Station – Kaulsdorf
Ebenfalls südlich der S-Bahn gelegen, überrascht Kaulsdorf als echte urbane Landidylle. Pittoreske ehemalige Bauernhöfe säumen die kopfsteingepflasterte Dorfstraße. Still und friedlich liegt die kleine Kirche auf einer Anhöhe am historischen Anger – die nahe B1 hört man kaum. Im roten Backsteinturm der Kirche befindet sich übrigens ein Turmmuseum. Im ehemaligen Gutshaus sitzt seit den 1920er Jahren das Kaulsdorfer Traditionsunternehmen Schilkin. Firmengründer Apollon Schilkin begeisterte bereits die russische Zarenfamilie mit seinem Wodka. Wissenschaftlicher Pioniergeist wehte hier im 18. Jahrhundert. Der bedeutende Naturwissenschaftler Franz Carl Achard führte auf Gut Kaulsdorf erste Experimente zur Rübenzuckergewinnung durch. Dank dem von ihm entwickelten Verfahren wurde Preußen unabhängig von teurem Importzucker aus den überseeischen Kolonien. Weiter mit der S5 nach Mahlsdorf (2 Minuten).

3. Station – Mahlsdorf
Südlich der S-Bahn, vorbei an der historischen Feldsteinkirche samt lauschigem Friedhof, erreicht man nach etwa 10 Minuten das ehemalige Gutshaus Mahlsdorf. Idyllisch gelegen, inmitten eines Landschaftsparks voller Rosensträucher und Kirschbäume, beherbergt es das Gründerzeitmuseum. Die Gründerin Charlotte von Mahlsdorf, alias Lothar Berfelde, hat das Haus 1958 besetzt und so vor dem Abriss gerettet. Ihre Sammlung gilt als eine der bedeutendsten in Deutschland. Das einst einzige Privatmuseum in der DDR avancierte in den 70er Jahren zum wichtigen Treffpunkt der Schwulen- und Lesbenszene. Charlotte von Mahlsdorf wurde mit Büchern, Filmen und einem Theaterstück über ihr Leben und Lebenswerk auch international bekannt.

Auch der bedeutende Architekt und Stadtplaner Bruno Taut hinterließ seine Spuren. Um den Frettchenweg befindet sich die denkmalgeschützte Streusiedlung Mahlsdorf II. Eigens für Kriegsversehrte und kinderreiche Familien wurde sie gebaut, ein Beispiel für Tauts Engagement im sozialen Wohnungsbau. Weiter geht es vom S-Bahnhof Mahlsdorf mit dem Bus 197 (6 Minuten).

4. Station – Hellersdorf
Östlich der Alte Hellersdorfer Straße erinnern ehemalige Landarbeiterhäuschen sowie das Gutshaus an die Existenz des einstigen Ritterguts Hellersdorf. Diesem steht eine großflächige Umgestaltung bevor. Neben 1500 Neubauwohnungen und Parkhäusern wird es Raum für Kultur, aber auch Gewerbe und Gastronomie geben. Zwischen denkmalgeschützten Gebäuden, historischen Scheunen und Autowerkstätten wachsen Mangold, rote Beete, Kräuter und Salat im Gutsgarten Hellersdorf. In Kleingärten und offenen Gemeinschaftsgärten wird die Essbare Stadt Berlin gelebt. Die urbanen Gärtner und Gärtnerinnen vom Gutsgarten Hellersdorf geben gerne Auskunft zu ihrem Projekt.

Einen Katzensprung entfernt liegt die Museumswohnung WBS 70, eine komplett ausgestattete original DDR-Plattenbauwohnung, die immer sonntags besichtigt werden kann. Die Fahrt geht weiter mit dem Bus 195 ab Spremberger Straße (17 Minuten).

5. Station Alt-Marzahn
Echtes Dorfleben im Schatten der Platten findet man in Alt-Marzahn. Neben dem Dorfkrug gibt es im gut erhaltenen Angerdorf noch einen Fleischer, einen Zeitungs- und einen Modeladen. In den 1970er Jahren errichtete der Magistrat von Berlin auf den umliegenden Äckern und Wiesen die Großsiedlung Marzahn. Im Dorfmuseum kann man sich über die außergewöhnliche Entwicklungsgeschichte des Bezirks informieren. Noch wohnen Zeitzeugen des Großsiedlungsbaus vor Ort. Für den dörflichen Hintergrundsound sorgen die Bewohner des Tierhofs. Dort hält man Nutztiere aller Art: Schafe, Ziegen, Hühner und auch Pferde. Absolutes Highlight ist die Bockwindmühle, hier wird auch heute noch Korn zu Mehl vermahlen. Der inzwischen zwölfte Müller stellt sie in den Wind. Zurück nach Biesdorf fährt uns der Bus 192 ab der Station Hinter der Mühle (11 Minuten).

Dauer: ca. 3-4 Stunden mit S-Bahn und Bus