Bilder: Museumswohnung, (c) STADT UND LAND

Kontakt
Museumswohnung WBS 70
Hellersdorfer Str. 179 | 12627 Berlin

Öffnungszeiten
Sonntags 14-16 Uhr (außer Feiertage)
Führungen nach Anmeldung: 0151 16114447 (Wolfgang Sawatzki)

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Museumswohnung

Einen besonderen Höhepunkt der Route bildet die einzig verfügbare Wohnung aus der Zeit der Entstehung des Stadtteils Hellersdorf. Die Museumswohnung wurde mit Originalmöbeln der damaligen DDR-Zeit bestückt und dokumentiert modellhaft die Lebensart der 1970er Jahre.

Die Museumswohnung in Hellersdorf gilt als die letzte original erhaltene Plattenbauwohnung aus der DDR hier in Berlin.

Paterre rechts

Die 3-Zimmerwohnung mit 61 Quadratmeter stellt eine der 42.000 Wohnungen in Hellersdorf dar, die als Typ WBS 70 in Plattenbauweise gebaut wurden. Der Ausbau einer solchen Wohnung dauerte 18 Stunden. Er war für die Bauschaffenden routinierter Alltag. Was als typologisch gebaute Serie gedacht war, mündete als typologisch serielles Handwerk. Heute können wir hier einen Eindruck vom Wohnen in der Plattenbau-DDR erleben. Die baulichen Elemente sowie alle Einrichtungsgegenstände sind direkt aus DDR-Beständen hier zusammengeführt worden. Vom Farbfernseher über die Heizkörper und Leuchten, selbst das Sofa, die Tischdecke, die Schrankwand und der Eierbecher sind Teil puren DDR-Lebens. Masse und Serie spielten hier bis ins kleinste Detail die tragende Rolle und vermittelten über die eigenen vier Wände hinaus das Gefühl von Gleichheit. Es entsprach der Idee einer kollektiven Gesellschaft, in der die Menschen gleiche Chancen hatten. Zu erleben ist die Atmosphäre einer typischen WBS 70-Wohnung.

Die Museumswohnung befindet sich in einem WBS 70-Plattenbau im sogenannten Grabenviertel. Mehrere Kunstwerke bereichern hier die gestaffelt wirkenden Giebel der Wohnblöcke mit aufmunternden Farben. Sie sind nach 1989 umgesetzt worden und bilden einen Ansatz, die Traditionslinien der Kunst im öffentlichen Raum, wie sie in der DDR selbstverständlich waren, fortzusetzen. So wird das Grabenviertel als Kunstviertel verstanden, indem man mit künstlerischen Mitteln vorsah, Identifikationsmomente einzutragen.

Nicolaus Schmidt entwickelte hier sein Bildertrio „Erschaffung“. Als ein großformatiges Wandbild sehen wir Gottvater, als Wandrelief Adam. Auf diese Weise werden Bezüge zu herausragenden Kunstwerken der Kunstgeschichte gezogen und in den Alltag der hier wohnenden Menschen hineingeholt. Damit besteht eine Brücke zu Michelangelos Fresko „Die Erschaffung des Menschen“ aus dem 16. Jahrhundert. Die originale Bildquelle ließe sich in Rom in der Sixtinischen Kapelle erleben. In der Hellersdorfer Version werden Gottvater und Adam als figurative Konturen, als Zeichnungen dargestellt. Die symbolische Einfachheit und Klarheit der Arbeit von Nicolaus Schmidt macht das berühmteste Kunstwerk der Renaissance für die Menschen hier in Hellersdorf nahbar. Zugleich lässt die Interpretation auch einen Bezug zum Zeitgeschehen von 1993 zu. „Erschaffung“. Es wirkt wie eine Aufforderung zur ´Erschaffung´ einer neuen Zukunft, einer Zukunft, die die Menschen betraf, die hier lebten und von denen so mancher hier noch leben wird.

Bild oben: Museumswohnung, (c) STADT UND LAND